- Version 1.0
- Veröffentlicht Dienstag, 9. Mai 2017
- Zuletzt bearbeitet Dienstag, 10. Oktober 2017
Zum Wort
Vom lat. innovare (erneuern) abstammend werden unter Innovationen Neuerungen oder Erneuerungen verstanden, die vor allem Gesellschaft, Politik, Wirtschaft oder Technik betreffen und in Fachdisziplinen wie der Soziologie, Politikwissenschaft, Ökonomie, Technikphilosophie und verschiedenen Geschichtswissenschaften untersucht werden.
Inhalt
Diskurse und Kontexte
1. Diskurs der Ökonomie
In der Ökonomie spielt der Begriff der Innovation eine zentrale Rolle. Nach Joseph SCHUMPETERS Innovationstheorie stellen innovative Unternehmer die maßgeblichen Antreiber für wirtschaftliches Wachstum in modernen Marktwirtschaften dar (SCHUMPETER 1912). Über Innovationen hat der Unternehmer die Möglichkeit, eine zumindest kurzfristige Monopolstellung am Markt zu erlangen, die ihm allerdings von imitierenden Konkurrenten streitig gemacht wird. Von Produktinnovationen unterscheidet SCHUMPETER organisatorische Innovationen im Unternehmen und Verfahrensinnovationen der Herstellung. Von dem eigentlichen Innovationsprozess grenzt SCHUMPETER die vorgängige Inventionsphase und die nachfolgende Verbreitungsphase ab. Everett ROGERS teilt unternehmerische Innovationsprozesse in sechs Phasen ein, die auch die Verbreitung einschließen: Problem- bzw. Bedürfniserfassung, Forschung, Entwicklung, Kommerzialisierung, Verbreitung und Innovationsfolgen. Den typischen Verbreitungsverlauf (5. Phase) von Innovationen versucht ROGERS kommunikationstheoretisch zu erklären (ROGERS 2003). In der Nachkriegsökonomie sind zudem eine Reihe von Modellen entwickelt worden, welche die wesentlichen Aspekte von Produktinnovationen erfassen sollen. Roy ROTHWELL zeichnet die folgende Abfolge von Modellen zwischen den 1960er und 1990er Jahren nach: (1) „technology push“-Modell (späte 1950er und 1960er Jahre); (2) „need pull“-Modell (zweite Hälfte der 1960er Jahre); (3) „coupling model“ (1970er und 1980er Jahre); (4) „integrated model“ (1980er Jahre); (5) „systems integration and networking model“ (1990er Jahre). Die Abfolge dieser Modelle reflektiert Befunde aus empirischen Untersuchungen und zeichnet vermutete Veränderungen in den ökonomischen Innovationsprozessen der entsprechenden Zeitspannen nach.
- ROGERS, Everett M. Diffusion of Innovations. New York 2003.
- ROTHWELL, Roy. „Successful industrial innovation: critical factors for the 1990s“. In: R&D Management 22.3 (1992), 221–239.
- SCHUMPETER, Joseph. Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Leipzig 1912.
2. Kulturwissenschaftlicher Diskurs
Im kulturwissenschaftlichen Diskurs werden Innovationen zur Erklärung kulturellen Wandels herangezogen. Homer G. BARNETT untersucht in seinem Grundlagenwerk Innovationsprozesse, die zu kulturellem Wandel führen, deren Bedingungen und Konsequenzen (BARNETT 1953). Während sich der Innovationsbegriff im ökonomischen Diskurs auf Produkte, betriebliche Organisation und Herstellungsverfahren bezieht, verwendet der kulturwissenschaftliche Diskurs einen weitaus allgemeineren, mentalen Innovationsbegriff. Jede neue Idee wird hier bereits als eine Innovation aufgefasst, wobei die Ideen nur unter Umständen Ausdruck im Verhalten oder in hergestellten Gegenständen finden (BARNETT 1953, 7). Ein ähnlich allgemeiner Begriff von Innovation findet sich auch bei ROGERS, der allerdings darauf hinweist, dass Innovationen nur als neu empfunden werden, aber nicht neu sein müssen (ROGERS 2003, 36).
- BARNETT, Homer G. Innovation: The Basis of Cultural Change. New York 1953.
- ROGERS, Everett M. Diffusion of Innovations. New York 2003.
3. Soziologischer Diskurs
In der Soziologie werden vor allem die Verbreitung und die Effekte von erfolgreichen Innovationen untersucht. Der Grund für diese Schwerpunktsetzung ist darin zu suchen, dass erst durch die Diffusion gesellschaftsweite und somit soziologisch relevante Effekte entstehen. Dies bedeutet, dass die Diffusionsphase von Innovationsprozessen fokussiert wird, während die früheren Phasen von Innovationsprozessen außen vor bleiben.
4. Diskurs der Archäologie
In der Archäologie sind die ersten Phasen von Innovationsprozessen im empirischen Befund kaum greifbar. Das archäologische Forschungsinteresse gilt daher vor allem der Phase der Verbreitung, das sich in der raumzeitlichen Verteilung archäologischer Funde ablesen lässt.
Literatur zum Begriff
- BLÄTTEL-MINK, Birgit, (Hrsg.). Kompendium der Innovationsforschung. Wiesbaden 2006.
- DOSI, Giovanni. „Technological paradigms and technological trajectories“. In: Research Policy 11 (1982), 147–162.
- FINLEY, Moses I. „Innovation and Economic Progress in the Ancient World“. In: The Economic History Review 18.1 (1965), 29–45.
Zitiervorschlag
Christian Barth, „Innovation“, Version 1.0, Dienstag, 9. Mai 2017, ORGANON terminology toolbox, Berlin: eDoc-Server der Freien Universität Berlin.
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